Die Sache mit dem Mond
Bist Du sauer,
wenn Du den Mond dort oben siehst?
Ich würde das verstehen,
wenn Du enttäuscht wärst.
Wenn Du jeden Abend enttäuscht wärst.
Runterholen und schenken wollte ich ihn Dir, den Mond.
Eigentlich war das abgemacht.
Nun hängt er da immer noch.
Ich habe es einfach nicht gemacht.
Es hat sich wohl nicht ergeben.
Oder das versprochene Feuerwerk –
jeden Tag und jede Nacht.
Tja.
Das Schloss, die Kutsche, die einsame Insel.
Ich habe so vieles nicht gehalten,
was ich Dir versprochen habe,
was Du Dir versprochen hast.
Schon wieder neigt sich ein Tag dem Ende.
Du sitzt an Deinem Schreibtisch, ich an meinem.
Oder wir beide vor dem gleichen Fernseher.
Wo ist der Unterschied?
Die Tage fliegen vorbei.
Wir sitzen im Schnellzug und rasen durch die Zeit.
Hin und wieder begegnen wir uns im Speisewagen.
Das ist so.
Und das muss wohl auch so sein.
Unser Alltag wird älter.
Kein Mensch erträgt jeden Tag Sonntag.
Und so leben wir unser Leben – seit Jahren schon.
Einkaufen. Staub saugen. Essen machen.
Die Waschmaschine ist noch voll.
Die Spülmaschine auch.
Wer war noch mal mit dem Badezimmer dran?
Und warum steht hier noch der Joghurtbecher rum?
Wir drehen uns um uns selbst.
Die Mühle der Idioten –
und wir mitten drin.
Man könnte das hassen.
Man könnte sich hassen.
Man könnte das ja mal diskutieren.
Gute Idee eigentlich.
Ich könnte jetzt zu Dir hingehen und Dir sagen:
Ach übrigens: Ich muss Dich mal was fragen.
Findest Du das hier nicht auch irgendwie staubig?
Und das Essen hier – ist das ein Fertiggericht
oder hast Du das selbst so versalzen?
Irre ich mich – oder bist Du dicker geworden?
Ich meine: schöner Pullover!
Aber der hat auch schon mal besser gepasst, oder?
Man könnte das hassen.
Man könnte sich hassen.
Man könnte das ja mal diskutieren.
Gute Idee eigentlich.
Ich gehe jetzt zu Dir hin und sage Dir:
Ach, übrigens:
Mein Name ist gar nicht Clark Kent.
Und ich werde Dir den Mond nicht herunterholen.
Das war gelogen.
Und das Schloss, die Kutsche, die einsame Insel.
Na ja, nicht direkt gelogen.
Finde ich. Irgendwie.
Aber ich muss Dir noch etwas sagen.
Das mit dem Feuerwerk hat zwar auch nicht geklappt,
und vielleicht brennt das Feuer auch nicht mehr so hell.
Aber da ist noch Glut in der Asche.
Da ist noch eine Menge Glut in der Asche.
Und die Glut ist sehr viel heißer
als das hellste Strohfeuer.
Ich mag Dich.
Ich mag mich.
Ich mag mein Leben mit Dir.
Und wenn ich sage, dass ich Dich mag,
dann ist das nur die halbe Wahrheit.
Ich liebe Dich.
Immer noch. Und immer mehr.
Manchmal weiß ich nicht,
warum Du noch da bist.
Warum Du noch hier bist.
Warum ich das Glück habe,
dass Du mit mir leben möchtest.
Dass Du mit dem Rest zufrieden bist,
den ich Dir von mir noch bieten kann.
So ganz ohne Mond.
Aber eins weiß ich:
Du machst mein Leben schön.
Immer wieder stelle ich fest:
Ich bin ein glücklicher Mensch.
Ich liebe unser Chaos und die Art,
wie wir die Zeit verbringen.
Ich will nichts anderes.
Und: Du bist wunderschön.
Viel schöner noch als gestern.
Und doch nur halb so schön wie morgen.
Und das ist nur einer der Gründe,
warum ich mich auf morgen freue.
Ich liebe meinen Alltag mit Dir.
Du bist meine Blume im Asphalt.