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Das Märchen vom klugen Soldaten

 

Es war einmal in einem fernen Land ein böser König. Er herrschte über ein großes und reiches Land. Der König war nur durch Lügen, Betrug und das Gold seiner Gefährten an die Macht gekommen. Nun galt es für ihn und seine Spießgesellen, in kurzer Zeit möglichst viel Gold und Macht anzuhäufen. Dabei sollte eine Finte helfen: Die listigen Berater des Königs ersannen den Plan, den Untertanen die Angst zu vermitteln, dass die ganze Welt neidisch auf ihre Freiheit und ihren Reichtum sei. Sie sagten, fremde Herrscher würden das Land mit falschen Göttern und grausamen Waffen überfallen und vernichten. Darum müsse man Soldaten in die Länder dieser fremden Herrscher schicken und diese dem Erdboden gleichmachen. Und so geschah es.

Der König sandte seine Soldaten in die entlegensten Winkel der Welt. Sie kämpften erbittert und vernichteten fremde Armeen, töteten Frauen, Kinder und Greise. Der Plan des Königs ging auf: Er und seine Kumpanen häuften immer mehr Gold und Reichtümer an. Doch nicht nur der Reichtum des Königs wuchs, sondern auch das Leid vieler Menschen. Immer mehr wurden getötet oder verstümmelt. Eltern verloren ihre Kinder und Kinder ihre Eltern. Die Not der armen Menschen wurde größer. Ihre Häuser wurden zerstört, ihre Felder vernichtet. Fabriken, Schulen und Krankenhäuser brannten aus. Kaum eine Familie, die keine Opfer zu beklagen hatte.

Doch eines Tages wendete sich das Blatt. Und das kam so: Ein Soldat des Königs, der im fernen Zweistromland kämpfte, hatte nachts einen Traum. In diesem Traum war es Winter und es schneite. Aber nicht Schnee fiel vom Himmel, sondern Schwerter und Dolche. Die Kinder aus der Heimat des Soldaten und die Kinder des Zweistromlandes hoben die Waffen auf und metzelten sich gegenseitig nieder. Als aber der Frühling kam, schmolzen die Waffen in der warmen Sonne und überall sprossen Bälle, Puppen und Musikinstrumente hervor. Die Kinder beider Länder freuten sich darüber sehr und sie begannen, zusammen zu spielen. Sie sprachen und sangen miteinander.

Der Soldat erwachte und er wusste, was zu tun war. Sofort stand er auf, ging zu seinem Offizier und sagte: „Ich bin müde. Ich will nicht mehr töten. Ich will spielen, sprechen und singen. Es ist an der Zeit, nach Hause zu gehen.“ Dann warf er seine Waffen weg und ging heim.

Sein Offizier und seine Kameraden waren sehr erstaunt. Aber es dauerte nicht lang, da sprachen auch andere Soldaten: „Unser Freund hat Recht! Es ist an der Zeit, nach Hause zu gehen.“ Sie verabschiedeten sich und machten sich auf den Weg.

Die Nachricht verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Immer mehr Soldaten des Königs – überall auf der Welt – hörten die Geschichte vom klugen Soldaten und warfen ihre Waffen weg.

Und auch die Gegner erreichte die Botschaft. Erst wenige, dann immer mehr von ihnen sagten: „Jawohl, der Feind hat Recht! Es ist an der Zeit, nach Hause zu gehen.“

Und schon bald erhoben sich die Soldaten auf der ganzen Welt. In Amerika, Afrika, Europa, Asien und selbst in Australien salutierten sie vor ihren Machthabern und in allen Sprachen dieser Welt hallte es wider: „Wir sind müde. Wir wollen nicht mehr töten. Wir wollen sprechen, spielen und singen. Es ist an der Zeit, nach Hause zu gehen.“

Auf allen Kontinenten, in allen Ländern wurden Schächte ausgehoben. Schächte so tief, wie kein Schacht je gewesen ist. Sie wurden gefüllt mit den Waffen, die nun niemand mehr tragen wollte, und anschließend versiegelt.

Da nun nirgendwo mehr geschossen wurde, konnten die Menschen überall hingehen, wo sie wollten. Und sie stellten fest: Die Welt ist überall schön und in jedem Land leben Menschen. Und alle diese Menschen wollen nur in Frieden leben, genug zu essen haben und vielleicht an ihren Gott glauben. Die Welt wurde bunter und überall erfreute man sich daran.

Die Soldaten aber waren nun zu Hause. Sie sprachen, spielten und sangen mit ihren Frauen und Kindern.

Und weil sie nicht getötet wurden, leben sie noch heute.