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Dichter sind in der Stadt

 

Juhuu und Hurra: Sie sind wieder da!

Dichter sind in der Stadt und seiern die Städter dicht!

 

Ich stehe vor der Halle und alle,

alle sind mit dabei, bei der Wortklauberei;

die Spannung ist groß, es geht wieder los.

Aber nun hinein in den Scheinwerferschein;

der DJ schweigt, die Stimmung steigt

- das Schauspiel beginnt!

 

Der Moderator glänzt durch Eloganz und Elequenz.

Um die Slammer nicht im Glanz seiner eigenen Brillanz

untergehen zu sehen,

lässt er es bedacht flach angehen.

Die Jury gecastet, der Wecker erklärt,

und vor seine Richter tritt nun der erste Dichter.

 

Jutta erlebt ihr erstes Mal vor dem Poetry-Tribunal:

Sie liest ihren Text und es ist wie verhext –

denn es kommt jedem vor, wie

- als kennt er die Story.

Zu oft hörte man schon

solche Deklaration durch das Slam-Mirkofon:

Fensterscheibe, Regentropfen, Kerl ist weg,

Kater kraulen, Männer scheiße, Katzen toll,

Morgen graut, Hoffnung wächst, 28 Punkte.

 

Doch dann kommt er hervor, der Lokalmatador.

Ja, er gibt richtig Gas, die Gemeinde hat Spaß;

das Spektakel rumort, Satz für Satz, Wort für Wort.

Selig erntet er sie, des Publikums Sympathie,

und sie spenden Applaus, dass es wackelt, das Haus;

dafür lieben wir sie, gute Slam Poetry.

 

Der Moderator phrasiert, dass der Wortwitz regiert,

und er schwingt die Kreide – eine Augenweide!

Die Jury mit Zahlen bringt Dichter zum Strahlen

oder tut ihnen weh, jede Siegchance passé.

Die Hitze im Saal wird allmählich zur Qual,

pures Adrenalin; grad noch Bier, jetzt Urin.

Doch das Volk schreit nach mehr, denn es dürstet so sehr

nach gesprochenem Wort und sie kriegen sofort

im Glanz heller Lichter einen weiteren Dichter.

 

Und so tun die Poeten und Sprachathleten

wie man ihnen geheißen

mit Klugheit scheißen und Haare zerspleißen.

Sie labern, palavern und dreschen Phrasen;

schwadronieren und parlieren, blasen Sprechblasen;

prophezeien und schreien mit großem Getose;

sie singen und springen aus ihrer Hose;

sie dichten, belichten so manches Problem;

sie witzeln, zerschnitzeln das Nervensystem;

sie singen von Dingen, die jeder hier kennt,

so laut, dass mir graut und die Sicherung durchbrennt,

sie sprechen und brechen mit jeder Regel;

sie rufen und stufen nach oben den Pegel;

sie toben dort droben als gäb es kein Morgen,
sie schwatzen und schmatzen und wollen’s Euch besorgen;

sie plaudern mit Schaudern vom Weltuntergang;

sie rattern und schnattern voll Tatendrang;

salbadern bis Adern am Hals treten vor;

frivol faseln sie Blumenkohl Dir ans Ohr;

sie spinnen von Sinnen, sind innovativ;

sie röhren, betören und sind aggressiv;

sie strahlen und malen in Deinem Kopf Bilder;

beschreiben und treiben es wilder und wilder;

agitieren, verlieren den Anstand total;

skizzieren, postulieren, es ist eine Qual;

sie zucken und spucken die ganz großen Töne

mit Drucksen und Glucksen und lautem Gestöhne;

sie lärmen, erwärmen der Zuhörer Herzen;

sie schmähen und krähen, bis Stimmbänder schmerzen;

sie krächzen und ächzen der Ohnmacht ganz nah;

sie höhnen und dröhnen mit lautem Trara.

Sie spotten und stottern, die Knie, sie schlottern;

sie sticheln und speien, die Schriftstellerlaien;

sie stampfen und stammeln vom Ficken und Rammeln;

sie hänseln und hecheln mit freundlichem Lächeln;

sie murmeln und brummen, besonders die Dummen;

sie keuchen, krakeelen aus tiefsten Seelen;

sie lispeln und wispern ein hauchzartes Flüstern;

schluchzen, jammern wie in Folterkammern;

berichten und dichten und reden und reden

und reden und reden und reden und reden;

ergehen sich in Poetry-Slammerei

- und da – ganz plötzlich – da ist es vorbei.

Der letzte Dichter stellt sich dem Punktrichter,

das Volk ist beglückt und dem Leben entrückt

und es lobt und es schwärmt

und es tobt und es lärmt,

transpiriert, stimuliert, applaudiert inspiriert;

völlig erledigt von drei Stunden Predigt,

so hocken sie da vor dem Slamaltar.

 

Ja, fast war es das jetzt, doch nun zu guter Letzt

kommt die Ehrung der Sieger und die müden Wortkrieger

schleichen auf das Podest, wo man sie hochleben lässt.

Man stellt fest, es sind eigentlich immer die gleichen,

die hier die umkämpften Trophäen einstreichen.

Die geschlagenen Dozenten der letzten Stunden

lecken voll Selbstmitleid ihre Wunden.

Man schmäht die bestochenen Jurymitglieder

und das Glück war leider natürlich auch mal wieder

auf Seiten der sehr geehrten Kollegen,

vielleicht hat es auch an dem Startplatz gelegen.

 

All diese Erkenntnisse sind ziemlich schmerzlich,

trotzdem gratuliert jeder jedem ganz herzlich.

Denn endlich ist es so weit – die dritte Halbzeit!

Ja, die Slamily kennt sich und ehrlich letztendlich

ist das After-Slam-Bier doch das größte Plaisir.

Mann, was für eine Nacht, eine ehrliche Schlacht,

das hat’s wirklich gebracht und es ist ausgemacht:

wird wieder geslammt, hier in diesem Saal,

dann sehen wir uns wieder beim nächsten Mal.

 

Schließlich wanke ich heim, völlig platt, völlig matt –

in der Tat, es ist wahr: Dichter waren in der Stadt.