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Dietmar

 

Es regnet in Strömen, wo Dietmar steht.

Der Wind böt von vorne, wo Dietmar geht.

Das Fett spritzt ins Auge, wo Dietmar brät.

Er steht immer vor Dir, wenn Dietmar bläht.

 

Es geht um einen Mann, genannt Dietmar,

dessen Leben bislang leider insgesamt schiet war.

Dietmar ist mehr Typ, eine Gattung, als Unikat;

Du kennst ihn, denn er wohnt in Deiner Stadt.

 

Dietmar ist klein, er hat Pickel, die Nase ist krumm,

seine Haare sind fettig – und er ist dumm.

Na ja, „dumm“ ist vielleicht nicht das richtige Wort;

Dietmar ist halt selten am richtigen Ort.

Und ist er mal richtig, kommt er meistens zu spät;

Dietmar entert die Party, wenn der letzte Gast geht.

Er ist immer zugegen, wo ihn grad keiner braucht

und brauchst Du ihn mal (zum Türaufhalten), ist er abgetaucht.

 

Er macht alles falsch – und zwar ganz ohne Absicht,

sitzt stets auf dem Stuhl, dessen Lehne grad abbricht.

Was Dietmar anfasst, geht sofort kaputt,

hilft er beim Umzug, ist die Einrichtung Schutt.

 

Ja, er ist eine Mischung aus Opfer und Täter,

quasi Freitag, des Dreizehnten, Stellvertreter.

Dietmar ist unser – von Fortuna verschmähter –

Blitzableiter und Fußabtreter.

 

Ach Dietmar, vom Schicksal getriezt und getreten,

irgendwie bist Du falsch hier auf diesem Planeten.

Du bist ein Vollhonk, ein Spinner, ein Trottel;

wärst Du ’ne Frau, wärst Du Heidis Topmodell.

Bist ein lautes Wasser und pfützenflach,

Gespräche mit Dir halten nicht lange wach.

Der Klammerbeutel als Puderdose,

kaum ’ne Schraube noch da, die übrigen lose.

Keine Tasse im Schrank, keine Latte am Zaun,

den Schädel an Türpfosten weich gehauen.

 

Keiner braucht Dich. Keiner. Kein Chef, keine Frau.

Du bist so überflüssig wie Zecken und Stau.

Und so fühlst Du Dich übrig, ja redundant;

Du fühlst Dich als größter Depp im Land.

 

Und jetzt stehst Du da und fragst gerade mich

nach ’nem Trost, nach ’ner Aufmunterung für Dich.

Und ich sag: „Trost, Alter? Klar, Mann, den hab ich!

Gott liebt Dich. Ja, Mann! Gott liebt Dich!“

 

„Hä?“ So spricht er, der Außenseiter.

Und ich merk schon: Okay, das hilft Dir nicht weiter.

Also gut, hör mir zu, dann sag ich es so,

denn das ist die Wahrheit, der Status quo:
Die Würde des Menschen ist unantastbar.

Die Würde des Dietmar ist unantastbar.

Ey, Alter, ist das nicht einfach unfassbar?

Und unfassbar einfach, das ist kein Mist:

Du bist sehr gut – so, wie Du bist.

 

Du bist halt Du und Du hast Deine Macken.

Das ist doch kein Grund, einfach abzukacken!

Die anderen kochen auch nur mit Wasser;

der eine ist braun und Du bist halt blasser.

Na und? Na und?

Lass Dich nicht eintüten, Mann! Die Welt ist bunt!

Und Du bist eine Farbe, ein Mosaikstein;

auch ein schräger Ton kann geile Musik sein!

Lass Dich nicht eintüten, Mann.

Fang an zu leben. Fang einfach an!

 

Und eins noch, bitte sieh das mal ein:

Auch wenn’s manchmal so scheint, Du bist nicht allein.

Cindy und Kevin, Thomas, Chantal –

Dietmar ist einfach überall.

 

Wir sind geboren, um frei zu sein.

Kopf hoch. Brust raus. Atme tief ein.

Du bist geboren, um Du zu sein.