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Ich kann auch anders!

 

Moin! Ach Leute, was soll ich Euch sagen? Ich habe eine richtige Scheißwoche hinter mir. Erst haben meine Eltern meinen Geburtstag vergessen. Na ja, das kann ja mal passieren bei einem Einzelkind.

Dann hat so eine Nachbarin mein Fahrrad beim Ausparken zu Klump gefahren. Okay, das stand da auch ziemlich blöd rum. Außerdem hatte sie ihre Brille nicht dabei. Ich habe ihr dann ihren kaputten Blinker bezahlt. Ich meine, wer weiß, wie wir mal drauf sind, wenn wir alt sind?

Kurz darauf bin ich in diesen Pulk Neonazis geraten. Seitdem sehe ich auf dem rechten Auge doppelt und habe einen Tinitus. Beeindruckend, wie die hinter ihrer politischen Überzeugung stehen.

Dann ist mein Rechner abgeschmiert. Virus. Da hat wohl irgend ein durchgeknallter Computerfreak mal seinen Frust über eine schlechte Schulnote kreativ abgebaut. Kann ich auch irgendwie verstehen, bei dem Druck, den die heutzutage in der Schule so haben.

Ein Kind hat mich dann im Bus vollgekotzt. Dem armen Kleinen war wohl schlecht geworden, weil der Busfahrer eine Vollbremsung hinlegen musste. Was hätte er tun sollen? Die Katze überfahren?

Das war fünf Minuten, bevor die Kontrolleure einstiegen. Leider hatte ich keine Fahrkarte. Mir war nämlich vorher mein Portemonnaie geklaut worden. Was soll man machen? Die Zeiten sind halt hart und viele Leute kämpfen ums Überleben.

Ein Freund von mir hat dann auch noch einen Liter Milch auf meinem Teppich verschüttet. Das riecht jetzt ziemlich unangenehm. Aber er hat’s ja nicht mit Absicht gemacht und er hat zurzeit auch echt viel Stress. Ich wollte das dann über die Versicherung laufen lassen. Ging nicht. Der Knabe von der Allianz meinte, das wäre alles nicht mehr so einfach und seine Gesellschaft müsse auch sparen. Das kann ich nachvollziehen.

Und das mit dem Telefonanschluss hat auch wieder nicht funktioniert. Zwar war der Techniker jetzt endlich da, aber leider hatte er nicht das richtige Werkzeug dabei. Das hatte wohl ein Kollege aus seinem Auto genommen, weil er das noch dringender brauchte. Der Arme war total frustriert.

Ach ja, und dann haben mich die Jungs bei der Demo noch voll mit dem Wasserwerfer abgeräumt. Was soll ich sagen? Die machen auch nur ihren Job. Fühlten sich vielleicht auch provoziert oder so.

Echt rührend fand ich, dass mein Vermieter meine Wohnung hat aufbrechen lassen. Ein Nachbar dachte, ich sei tot. Er hätte mich so lange nicht gesehen. Das ist schon toll, wenn sich die Nachbarn so um einen kümmern. Ist halt ein bisschen blöd, dass ich jetzt auf den Kosten sitzen bleibe. Aber immerhin haben sie die Tür wieder so hergerichtet, dass sie sich zumindest wieder anlehnen lässt.

Die Geschichte mit dieser unglaublichen Frau habe ich noch gar nicht erwähnt. Leider meinte sie dann: „Nee, weißt Du, Thomas, Du bist ja echt total nett und ich mag Dich ja auch. Aber auf eine Beziehung habe ich gerade so gar keine Lust.“ Hmm Hmm, okay.

Im Briefkasten lag dann ein Brief von dieser Firma, die meine Traumstelle ausgeschrieben hatte: „Sehr geehrter Herr Langkau, wir waren beeindruckt von Ihren Bewerbungsunterlagen. Leider müssen wir Ihnen jedoch mitteilen, dass Sie für die ausgeschriebene Stelle überqualifiziert sind.“ Natürlich.

Und gerade auf der Straße quatscht mich so ein Typ voll: „Ah, Du bist Sankt-Pauli-Fan? Das finde ich ja toll! Die sind ja alle voll lustig und echt sympathisch. Und der Verein ist ja auch so klasse! Find ich voll gut. Die sind so anders. Wo spielen die jetzt im Moment? In der Oberliga?“ Hmm Hmm. Ist richtig... Vielen Dank auch.

 

So, Leute. Das ist Scheiße! Ich hab einfach keine Lust mehr, der Heiopei für Euch zu sein! Ich will nicht länger der Nette sein oder der Schlaue oder der Lustige oder der Verständnisvolle, um dann am Ende wieder im Regen zu stehen.

Damit ist jetzt Schluss! Ihr werdet Euch wundern! Ich kann auch anders! Jawohl! Glaubt Ihr nicht? Na, dann passt mal auf!

 

Ich kann mich auch durch die volle U-Bahn drängeln und der 90-jährigen Oma den letzten Sitzplatz vor der Nase wegschnappen. Und dann kann ich zu ihr sagen: „Tut mir wirklich leid, ich muss mich noch schonen.“

Oder ich kann die Touristen, die mich nach dem Weg zur Reeperbahn fragen, in Richtung Billstedt schicken.

Ich kann mich auch bei einem Bläserkonzert in die erste Reihe setzen und, wenn der Trompeter gerade loslegen will, genüsslich in eine Zitrone beißen.

Und ich kann Rentnern beim Einparken helfen und dabei so lange winken, bis es kracht. Und dann bin ich weg.

Warum sollte ich nicht mal eine sexuell ausgehungerte, alleinerziehende Mutter aufreißen? Und wenn Sie sich nackig macht, sage ich zu ihr: „Na, das ist ja nicht so doll...“

Und wenn ich mit dem Auto unterwegs bin und die Ampel schon auf Gelb umspringt, suggeriere ich meinem Hintermann, dass ich durchstarte. Nur, um dann voll auf die Bremse zu steigen.

Oder ich drücke der Frau vor mir im Theater meinen Kaugummi in ihren Nerz. Dann grabsche ich ihr an den Poschi und beschuldige lauthals meinen Nebenmann.

Und wenn mich mal wieder Frauen mit kleinen Kindern beim Shoppen behindern, schütte ich denen Juckpulver in die Kinderwagen.

Im Kino werfe ich direkt vor Filmbeginn eine Stinkbombe. Und kleinen Kindern reiße ich die Lollies aus der Hand. Und dann schreie ich sie an: „Kinder, die naschen, sterben einen qualvollen Tod!“

Warum sollte ich meiner Ex-Freundin nicht dutzendweise Pizzen ins Haus bestellen? Oder ihr mitten in der Nacht Heerscharen von Taxifahrern auf den Hals hetzen? Oder einen Bestattungsunternehmer?

Und wenn mich die Blagen aus der Nachbarschaft zu Halloween wieder nerven, backe ich ihnen Kekse und versetze sie mit Abführmitteln.

Den Leuten, die dann immer noch glauben, dass ich nett und lustig bin oder dass sie mich verarschen können, sprenge ich mit Silvesterböllern die Briefkästen weg. Oder wahlweise den Auspuff.

Und dem Penner, zu dem ich immer sehr freundlich war, obwohl er stinkt wie ein Hundepups, drücke ich zu Weihnachten einen 500-Euro-Scheck in die Hand. Ungedeckt natürlich.

Apropos Weihnachten: Ich suche mir einen Kindergarten und organisiere mir ein Weihnachtsmannkostüm. Dann schreie ich die Kinder an: „Ich hasse Euch kleinen Rotzlöffel! Weihnachten könnt Ihr vergessen!“ Und dann simuliere ich die Selbsterschießung des Weihnachtsmannes vor den Augen der kleinen Racker.

Im Sommer schleiche ich über den Kiez und schmeiße in jedes offen abgestellte Cabrio Hundescheiße. Außerdem werde ich allen Rollstuhlfahrern, die mir über den Weg rollern, die Reifen zerstechen.

Und wenn das immer noch nicht reicht, um der Welt zu beweisen, dass ich böse und gemein bin, dann gehe ich mit meinem Gettoblaster auf den Friedhof. Und bei jedem Trauerzug, der mir entgegenkommt, reiß ich das Ding voll auf und beschalle die Trauergemeinde mit „Ein bisschen Spaß muss sein“ von Roberto Blanco.

So. Bitte schön! Das habt Ihr nun davon!

 

Oberliga?? Nein, Sankt Pauli spielt nicht in der Oberliga!

Re-gi-o-nal-li-ga!! Und das auch nicht mehr lange!

Arschloch!!