ich
  dietmar
  klick
  sibylle
  leer

Trotzdem

 

Ich habe ein Lieblingswort. Tja, vermutlich ist Euch das ziemlich egal, ich sag’s Euch: trotzdem. Mir ist es nämlich eigentlich auch egal und ich habe auch keine Lust, über so etwas Banales nachzudenken - trotzdem mache ich es. Es kommt einfach so.

Trotzdem ist ein herrliches Wort! Eine unreflektierbare Konjunktion, die sich rückweisend auf etwas Vorausgegangenes bezieht, dem das Nachfolgende entgegensteht. Jaaa.

Für dieses Wort gibt es jede Menge Synonyme: Man könnte zum Beispiel dem oder dessen ungeachtet oder dennoch sagen. Oder doch oder auch gleichwohl. Und natürlich jedenfalls und jedoch. Außerdem gäb’s da noch nichtsdestoweniger, obgleich, obschon, obwohl und obzwar. Ganz zu schweigen von trotz des Vorhergesagten, wenn, wenngleich, wennschon und wiewohl. Ich sage trotzdem „Trotzdem“.

 

Bing, bing, bing... Ich werde aus meinen Gedanken gerissen: Du erscheinst vor meinem geistigen Auge. Ich war gerade so mitten im Denken und Schreiben – und jetzt ist es damit vorbei. Trotzdem freue ich mich, denn Du bist da! Du bist eine der schönsten Frauen, die ich kenne – und trotzdem liebe ich Dich. Und Du? Du siehst meine Unvollkommenheit, ach, meinen totalen Dilettantismus – und möchtest trotzdem bei mir sein. Wahnsinn! ...bing, bing, bing...

 

Schon bist Du wieder weg. Schade eigentlich. Es macht viel mehr Spaß, an Dich zu denken als über Lieblingswörter zu sinnieren. Trotzdem verabschiedest Du Dich aus meinem Kopf. Auch gut. Kann ich weiterdenken.

Warum finde ich dieses Wort bloß so toll? Es zeigt, dass ich Dinge tue, obwohl ich weiß, dass sie blöd sind. Ich weiß, dass Rauchen ungesund ist – ich tue es trotzdem. Ich habe kein Geld und fahre trotzdem in Urlaub. Ich weiß, dass es nichts bringt – und demonstriere trotzdem gegen Sozialabbau und Faschisten. Mir ist auch klar, dass ich die Welt nicht retten kann – und probiere es trotzdem. Immer wieder.

 

Bang, bang, bang... Da bist Du wieder. Versaust mir meine Gedanken und meinen Text. Trotzdem liebe ich es, wenn Du Besitz von mir ergreifst. Du setzt meine Regeln außer Kraft. Mir ist klar: Kaum etwas hält ewig. Mit Dir möchte ich es trotzdem versuchen. Ich bin ein gemütlicher Mensch und trotzdem möchte ich 24 Stunden täglich an uns arbeiten, damit es gelingt. Ich will tun, was ich kann, und geben, was ich hab. Ich will Dich nicht festhalten, trotzdem möchte ich alles dafür bewegen, dass Du bleiben willst. Mein Leben war ohne Dich perfekt, trotzdem ist es jetzt viel schöner. ...bang, bang, bang...

 

Du verblasst erneut, endlich kann ich weiterschreiben.

„Trotzdem“. Das Eine wissen und das Andere tun. Aus Lust, Überzeugung, Glauben Dinge machen, die jeder Logik widersprechen. Glauben, fliegen zu können; glauben, das Unmögliche wahr werden zu lassen. Obwohl ich klein und unbedeutend bin, das große Rad drehen. Ja, ich will es trotzdem wissen! Widerstand gegen die Maschine leisten. Schreien: Es muss doch auch anders gehen!

 

Boom, boom, boom!!! Du drängst mit aller Macht in meinen Kopf, in meinen Körper. Ergreifst mich, besetzt mich. Und trotzdem war ich nie so frei wie mit Dir. Ich weiß, ich muss Dir nicht die Tasche tragen oder die Tür aufhalten. Das kannst Du alles sehr gut allein. Und doch weiß ich: Du freust Dich trotzdem. Es ist Dir peinlich, wenn ich Dir Blumen pflücke – ich mach’s trotzdem. Und Du findest es trotzdem schön.

Ich weiß, dass Du Dir nicht sicher bist, dass Du zweifelst an mir, an uns. Trotzdem bist Du bei mir. Ich weiß, dass Du Angst hast. Die habe ich auch. Und unsere Liebe wird trotzdem siegen. Denn ich will, dass wir unsere Angst besiegen; ich will, dass wir unsere Angst zerlieben.

Ich weiß, dass Gewalt und Gleichgültigkeit härter sind als Liebe. Aber ich weiß auch, dass Liebe trotzdem stärker ist. Wasser ist stärker als Stein und Blumen brechen Beton. Wie gesagt: Ich weiß, dass kaum etwas ewig hält. Und trotzdem will ich es wagen. Mit Dir. Tschschschsch...

 

Ganz leise verflüchtigst Du Dich wieder. Wie wunderbar, dass Du da warst. Wo war ich doch gleich? Was wollte ich sagen? Richtig: Trotzdem. Es ist nur eine Konjunktion. Nicht mehr. In diesem Meer von Lichtern, Geräuschen und Wörtern eine einfache Konjunktion. Unscheinbar, unwichtig, unbedeutend, so wie Du und ich. Und trotzdem ist es mein absolutes Lieblingswort.